Das Imperium der Ameisen

 

Das Imperium der Ameisen

FOLGENREICH  

CD-Cover Das Imperium der Ameisen

„Der Hafen von Iquitos gab mir den Rest. Da wurde auf offener Straße mit lebenden Tieren gehandelt. Darunter waren Vogelarten wie Truthähne. Und die Einheimischen liefen zum Teil nur mit Sandalen durch den hoch kontagiösen Vogelkot. Auch den Mindestabstand von einer Armlänge gab es hier nicht. Mehrfach wurde ich berührt, angesprochen oder angeschwitzt. Und überall waren Mücken oder blutgierige Fliegen. Die fraßen mich auf. Ich war in der Hölle gelandet und verstand überhaupt nicht, warum die Menschen hier immerzu lächelten und so gut gelaunt zu sein schienen.“

 

Der Biologe Lukas Holroyd fliegt im Auftrag eines Pharmakonzerns nach Südamerika, um das besonders gefährliche Gift einer neu entdeckten Ameisenrasse zu analysieren. Als Stadtmensch und Laborforscher reizt ihn die Aussicht auf schwüle Hitze, faulende, pilzbefallene Biotope und giftiges Getier des Urwalds zwar nicht sonderlich, aber es gilt, die nächste Stufe auf der Karriereleiter zu erklimmen. Selbst dass es seit geraumer Zeit zu dem Forscher vor Ort keinen Kontakt mehr gibt, kann ihn von seinem Unterfangen nicht. So reist er nach Loreto, der grünen Lunge Perus. Der mächtige Regenwald am Amazonas erstreckt sich über die gesamte Region und ist eine der am schwierigsten zu erreichenden Gegenden der Welt. Wo sonst als hier könnte sich im Verborgenen eine Spezies entwickeln, die uns die Vorherrschaft auf diesem Planeten streitig machen will? Kapitän Gerilleau soll Holroyd mit seinem Kanonenboot zur Forschungsstation mitten im Urwald bringen. Nicht lange, und sie machen Bekanntschaft mit den Ameisen – und es ist nicht nur das tödliche Gift, das sie zur furchtbaren Bedrohung macht, es ist ihr Plan…

 

Das Imperium der Ameisen – die zweite Hörspiel-Runde mit H.G. Wells und Oliver Döring. Und ich finde sie außerordentlich gelungen. Für alle, die unbedingt mal in den Dschungel wollen, ein absolutes Muss. Hier gibt es nämlich einen ersten Vorgeschmack auf das, was einen dort vielleicht erwarten könnte. Dank einer überragenden und dennoch feinen Geräuschkulisse sowie des grandiosen Sprechers Julien Haggége, der Holroyd als auch den Erzähler gibt, fängt man quasi schon mit den ersten Schritten der Hauptperson an zu schwitzen und zu leiden. Man fühlt dank der so extrem authentisch aufgebauten Atmosphäre relative schnell den eigenen Schweiß auf der Haut, meint ebenfalls Fliegen und Mücken zu spüren und sieht die grüne Hölle des Urwaldes vor den eigenen Augen.

 

Oliver Döring hat es mit seiner Adaption der Kurzgeschichte wieder einmal geschafft, dem ganzen seinen eigenen Stempel aufzudrücken, ohne dabei die Idee des Originals anzurühren. Die ehemals phantastische Abenteuer-Geschichte von Wells ist zu einem packenden und sicherlich auch realistischen Öko-Thriller geworden, der fesselnd wie beängstigend zu gleich ist. Und wie wir es von Döring gewohnt sind, ist er nicht nur ein Meister im Verfeinern einer Story. Jedes noch so kleinste Geräusch scheint perfekt durchdacht und platziert. Seien es die störenden Mücken, das beständige Zirpen im Hintergrund des Regewalds oder auch die Darstellung der Ameisen. Dies verdient mal wieder Hochachtung.

 

Da verwundert es natürlich auch nicht, dass auch für die Sprecherriege auf bekannte Hollywood-Synchronsprecher gesetzt wird. Die Synchronsprecherlegende Joachim Kerzel, der schon Stars wie Dustin Hoffmann, Anthony Hopkins oder Jack Nicholson sein prägnantes Timbre verlieh, sei hier nur als eins von vielen Beispielen genannt.

Und spätestens nach dem Genuss dieses Hörspiels sollte man für sich wahrscheinlich einmal überdenken, wer vielleicht wirklich die Krone der Schöpfung auf unserem Planeten ist…


Mareike Lümkemann

 

24. November 2017