Kicheritis - Anstecken erlaubt

Kicheritis – Anstecken erlaubt!

Gwen Lowe

Label: DAV

Gesamtspielzeit: 50 Minuten

VÖ: 20.09.2019

Empfohlen ab 8 Jahren 

CD-Cover Kicheritis - Anstecken erlaubt

„Snowdrop Cottage war ein richtiges Bilderbuch-Landhaus. Blütenübersäte niedrige Außenwände und einem schiefen Strohdach. (…) Es dauerte eine Ewigkeit, bis ein misstrauisch dreinblickender älterer Herr in einem orange-gestreiften Pyjama die Tür einen Spalt breit öffnete. – Kinder! Was wollt ihr denn um diese Zeit hier? Also, dich da kenne ich doch!“

 

Oh, oh! Alice hat eine Erkältung. Für ihre unter einer massiven Keimphobie leidenden Eltern der absolute Horror. Aber auch für Alice kein Zuckerschlecken, denn plötzlich steht das Sondereinsatzkommando des Superministers für mehr Sauberkeit und Ordnung vor der Tür und will sie wegsperren! Alice’ Erkältung ist wohl doch nicht so gewöhnlich – sie muss ja auch ständig unkontrolliert lachen. Aber bringt sie damit wirklich alle in Gefahr? Oder verfolgt der Superminister selbst vielleicht unsaubere Absichten?

 

In dieser Produktion geht es um die Angst der Erwachsenen vor Kinderkrankheiten und um ihren stets präsenten Reinlichkeitswahn. Und darum, dass Kindern  ständig das Lachen verboten wird und Erwachsene immer Recht haben. Tja, davon können sicherlich auch unsere Kinder ein sehr lautes Lied singen. In dieser Produktion kommt an dieser Stelle die clevere Alice ins Spiel. In einem Heim für dreckige, kranke und durchschnittliche Kinder trifft sie auf Kameraden, die mehr von der Welt erwarten als Sauberkeit. Pommes und Spaß stehen für sie alle ganz weit oben in der Liste. Doch dann erfährt Alice von einem bedrohlichen Keim, den sie in sich tragen soll. Ist dieser wirklich so gefährlich, wie die Erwachsenen es behaupten? Sie muss doch eigentlich nur ständig lachen…

 

Radiohörspiele sind ja oft schon irgendwie anders als die „normalen“ Hörspiele. So oder so ähnlich denken sicherlich viele Hörspielhörer von heute. Aber wisst ihr eigentlich, dass sich unser „normales“ Hörspiel aus den Radiohörspielen entwickelt hat? Das Radiohörspiel war nämlich zuerst da. In den 1920er Jahren wurde die ersten Hörspiele ausgestrahlt und haben sich seit dem zu einem eigenständigen literarischen Genre entwickelt. Von daher finde ich, sollte man dem Radiohörspiel viel mehr Aufmerksamkeit widmen. Und für alle, die nicht viel Radio hören, werden viele Radioproduktionen inzwischen auch auf CD gepresst.

Ein schönes und sehr hörenswertes Radiohörspiel (in diesem Fall eine Produktion von hr2 und dem WDR) ist die Kicheritis nach dem gleichnamigen Roman von Gwen Lowe. Dieses rasante, turbulente, aber vor allem auch unglaublich witziges Hörspielabenteuer von Robert Schoen mit Musik von Henrik Albrecht lädt die Erwachsenen zum Reflektieren ein und die Kinder werden eine Menge Freude dran haben.

 

Anmutung und Umsetzung haben natürlich Radiohörspiel-Qualitäten. Ein gewaltiges Soundkonzept und die ganz großen Sprecher sucht man hier vergebens. Das ist aber gar nicht schlimm. Diese Produktion überzeugt durch die Geschichte, die bereits erwähnte gleichnamige Vorlage von Gwen Lowe. Zudem agieren hier wunderbar echte Kindersprecher wie Victoria Schaay, Max Freimuth oder Marie Bauer, die das Geschehen klasse authentisch machen. Und auch Barbara Philipp als Miss Grammaticus und Hermann Beyer als Erzähler bereichern die Produktion durch ihre Interpretationen der beiden Personen. Besonders Beyer, der auch immer wieder aktiv im Gespräch mit den handelnden Charakteren zu hören ist, hat gleich die jungen Zuhörer auf seiner Seite.

 

Mein Fazit:

Kicheritis ist eine tolle Produktion, an der die Kinder sicherlich Freude haben werden. Auch wenn hier auf die ganz großen Töne verzichtet wird, überzeugt das Hörspiel durch Sprecher und Story und regt sicherlich ganz nebenbei noch den einen oder anderen Erwachsenen Hörer zum Reflektieren ein. 


Mareike Lümkemann

 

21. September 2019