Scharnow

Bela B. Felsenheimer

Scharnow

Random House Audio

Originalverlag: Heyne HC

Laufzeit: ca. 10h 32 min

VÖ: 25.02.2019

 

CD-Cover Scharnow - von Bela B. Felsenheimer

„Was als nächstes geschah, war aber noch viel seltsamer. Denn schon der erste Satz des Buches „Kennen Sie das Gefühl, etwas in Ihrem Leben verändern zu wollen?“ packte ihn und plötzlich las Kalle wie gebannt. Zeile um Zeile. Seite um Seite. Alles um ihn herum verschwand. Worte warfen Harken nach ihm aus und nahmen ihn mit in eine Welt der Schrift. Ihm war, als müsste er jeden Moment explodieren. Er hatte schon seit geraumer Zeit kein Buch mehr gelesen. Doch dieses hier berührte seine Seele und setzte Emotionen in ihm frei, die ihm in ihrer gewaltigen Schönheit schockierten. Ein merkwürdiges Ziehen stieg tief aus seinem Körper an die Oberfläche. Sein Blick verschleierte sich. Die Schrift verschwamm vor seinen Augen. Waren das Tränen? Wann hatte er das letzte Mal geweint? Er konnte sich nicht erinnern. Er hatte das Gefühl, machtlos und ausgeliefert zu sein. Und dann kam die Angst.“

 

In Scharnow, einem Dorf nördlich von Berlin, ist der Hund begraben. Scheinbar. Tatsächlich wird hier gerade die Welt gewendet: Schützen liegen auf der Lauer, um die Agenten einer Universalmacht zu vernichten, mordlustige Bücher richten blutige Verheerung an, und mittendrin hat ein Pakt der Glücklichen plötzlich kein Bier mehr. Wenn sich dann ein syrischer Praktikant für ein Mangamädchen stark macht, ist auch die Liebe nicht weit. Und was ist eigentlich mit den beiden homosexuellen Eichhörnchen?

 

Ein Punk-Rock-Star-Buch

Scharnow – das erste Buch von Bela B. Felsenheimer und irgendwie genau die Art von Buch, die man von einem Punk-Rock-Star erwartet – oder nicht? Jein, könnte ich hier Antwort lauten.

Scharnow ist total abgedreht, mitunter extrem überzeichnet und doch echt. Die Charaktere sind so erschaffen worden, dass man ihre Existenz, sei diese auch noch so unglaublich, nicht anzweifelt. Dabei jongliert der Autor mit Worten, erschafft eine Situationskomik, die zugleich beängstigend wie realistisch ist.

Mitunter ist das Geschehen dann aber auch wieder recht philosophisch. Oft regen Aussagen oder Situationen trotz der gewollten Überzeichnung zum Nachdenken an. Klamauk und Action, Spaß und Trauer, Philosophie und Superhelden. Dieser „Heimatroman“ vereint alles.

Wichtig ist in dem Zusammenhang aber vielleicht auch, dass der Roman keineswegs jugendfrei ist. Sex, Alkohol und VHS-Kassetten spielen eine nicht zu verachtende Rolle. Wer sich aber auf Scharnow einlassen kann und den Humor des Autors teilt, der wird sicherlich nicht enttäuscht werden.

 

Verschiedene Handlungsstränge

Bela entwickelt in seinem Roman viele verschiedenen Handlungsstränge, die irgendwann irgendwie zusammen kommen: die Agenten, Eichhörnchen, Manga-Mädchen, Omas, Polizisten, Supermarkt-Verkäuferinnen, Superhelden und und und. Dass man bei so viel verschiedenen Personen und Schauplätzen vielleicht nicht alles auf die Goldwaage legen sollte, wundert sicher nicht. Macht aber auch nichts, denn dieser Roman bzw. dieses Hörbuch will unterhalten und das gelingt zu 100%. Ich musste mehr als einmal laut lachen und dafür sind nicht nur die nackten Gangster schuld…

 

Empfehlenswertes Bookelt

Das Booklet des Hörbuches ist außerdem empfehlenswert. Hier gibt es nicht nur eine Skizze von Sharnow (für den besseren Überblick vom Autor selber gezeichnet), sondern auch ein umfassendes Personenverzeichnis, welches fast die Hälfte des Booklets einnimmt. Ein Blick hierein lohnt sich und sei es, um im Anschluss noch einmal alle Personen Revue passieren zu lassen. Die „Kontrolle“ vor dem Hörgenuss verdeutlicht zu dem die Richtung, in die die Story geht.

 

Gelesen wird das Hörbuch übrigens vom Autor selber. Und auch das kann er. Vielleicht nicht so wie ein Profi-Sprecher, aber der Stil, seine Art zu betonen passt zur Story. Auch hier liefert der Schlagzeuger der Ärzte solide ab. Respekt.

 

Mein Fazit:

Scharnow von Bela macht Spaß. Richtig Spaß. Eine Empfehlung für alle, die es auch gerne mal derb-komisch mögen. Selbstverständlich nur literarisch gesehen…


23.3.2019