Sherlock Holmes 45: Harry Price und der Fall Rosalie

Sherlock Holmes

45: Harry Price und der Fall Rosalie

Hörspiel von Marc Gruppe nach Sir Arthur Conan Doyle & Herman Cyril McNeile

Titania Medien

Gesamtspielzeit: ca. 71 Minuten

Altersempfehlung ab 12 Jahren

VÖ: 30.07.2021

CD-Cover Sherlock Holmes Harry Price und der Fall Rosalie

„Die großen Gesellschaftsräume zu beiden Seiten des Entrees hatten mächtige Erkerfenster. Meine diskrete Außenbesichtigung ergab zudem, dass es vier Zugänge zu dem Haus gab. Drei davon lagen vorne – außer der Haustüre waren es, unterhalb dieser, zur einen Seite der Eingang in den Kohlenkeller und zur anderen Seite der Dienstboteneingang im Souterrain. Darüber hinaus gab es im hinteren Teil des Gebäudes noch eine Tür in den kleinen Garten, der sich parallel zur angrenzenden Seitenstraße erstreckte. Ein junges Dienstmädchen öffnete mir, nachdem ich pünktlich um sieben Uhr abends geläutet hatte. Sie führte mich sogleich in das nahegelegene Esszimmer. Dort erwarteten mich bereits die mir bekannte Hausherrin, ihr Gatte und die, wie man mir sagte, beinahe 17-jähige, sehr hübsche Tochter des Hauses; Ethel mit Namen.“

 

Der berühmte Geisterjäger Harry Price sucht den Rat des Meisterdetektivs! Unzählige Trance-Medien hat er in seiner Karriere bereits des Betrugs überführt. Dies war ihm bei einer Seance in einer feudalen Stadt-Residenz jedoch nicht möglich, was ihn verständlicherweise sehr irritiert. Dort wurde der Geist eines Mädchens namens Rosalie beschworen. Harry Price möchte ganz sicher sein, dass er nicht vielleicht doch getäuscht wurde und bittet die Herren aus der Baker Street 221b um ihre Mitarbeit.

 

Den Fall lösen, ohne dabei zu sein

Ui, da präsentiert uns Titania Medien aber mal einen ganz anderen, aber natürlich einen wunderbaren Sherlock Holmes. Diesmal löst unser Meisterdetektiv einen Fall, an welchem er aktiv gar nicht beteiligt ist beziehungsweise war. Allein durch Hörensagen, genauer durch eine ausführliche Berichterstattung von Harry Price, einem bekannten, selbsternannten Geisterjäger, ist es dem großen Denker möglich, entsprechende Schlüsse zu ziehen und Hintergründe über die Materialisierung des Geistes der jungen Rosalie zu erfahren und so eine raffinierte Täuschung aufzudecken.

 

Eigentlich Offensichtliches...

Wie so häufig sind dies an und für sich ganz offensichtliche Aspekte, die uns Hörer eigentlich auch schon beim ersten Hören auffallen sollten, es aber natürlich nicht tun. Von daher empfehle ich jedem Hörer, dieser Produktion nicht bloß einmal zu lauschen, um die Schlüsse des Meisterdetektives ebenfalls (in Ansätzen) nachvollziehen zu können, sondern sie am besten mindestens zweimal zu hören.

Die Berichterstattung von Harry Price präsentiert sich dem Hörer nicht in Form eines einfachen Reports, sondern wir kommen in den Genuss, den Geschehnissen in Echtzeit zu lauschen und uns so ein anschauliches Bild der handelnden Personen machen zu können. Dank der großartigen Sprecher dieser Charaktere gelingt dies einwandfrei und selbstredend sehr lebendig. Und dennoch, trotz dieses Vorteils – dabei bleibe ich – wird wohl kaum ein Hörer direkt auf die gleichen Schlüsse kommen, wie ein gewisser Herr aus der Baker Street 221b.
Spannend ist dieser Rückblick und unterhaltsam, ebenso wie der zweite Teil der Produktion, der sich nahezu ausschließlich der Lösung des Falles widmet.

 

Als wäre man dabei

Egal ob Seance oder Schlussfolgerung – in allen Szenen bekommen wir ein ausgefeiltes Hörspiel präsentiert, das sowohl mit akustischen Leckerbissen als auch großartigen Sprechern aufwartet. Während der Geisterbeschwörung fühlt man sich dank toller Beschreibungen und ausgefeilter Geräusche als Teil der spiritistischen Sitzung, sieht den dunklen Raum mit Kamin, Teilnehmern und Grammophon direkt vor dem inneren Auge. Und auch während der Gespräche von Holmes, Watson und Price sieht man Akteure und Räumlichkeiten und fühlt sich schon fast wie der vierte Gesprächsteilnehmer.

 

Stimmen ohne Overacting

Watson und Homes werden wie immer von Detlef Bierstedt und Joachim Tennstedt gesprochen – ein Duo, das nach wie vor in Punkto Zusammenspiel begeistert. Harry Price bekommt von einem gewissen Hans-Georg Panczak Leben eingehaucht – natürlich ebenfalls wunderbar, lebendig und authentisch. Und auch der Rest der Sprecherriege steht diesen drei genannten Akteuren in nichts nach. Overacting oder gekünstelte Schauspielerei – das gibt bei den Titania Produktionen nach wie vor nicht.

 

Mein Fazit:
Titania präsentiert in Bezug auf Fall und Machart einen etwas anderen Sherlock Holmes, der sich jedoch in Sachen kriminalistischem Spürsinn oder Spannungsbogen keinesfalls hinter den Vorgängern verstecken muss. Große Stimmen und ein besonders kniffliger Fall halten den Hörer von Anfang bis Ende im Hörspiel und sorgen für beste Unterhaltung auf gewohnt hohem Niveau. 


Mareike Lümkemann

 

22.08.2021