GRUSELKABINETT
143: Grant Allen: “Der Wolverden-Turm”
Titania Medien
Gesamtspielzeit: ca. 43 Minuten
Altersempfehlung ab 14 Jahren
VÖ: 26.10.2018
„Nach dem Essen versammelte sich die wahrlich große Gesellschaft, um in der als Theater für den Abend hergerichteten großen Halle des Herrenhauses, die Tableau Vivant, die lebenden Bilder zu betrachten. Neben der jungen Frau aus der Stadt hatte derweil, durchaus mit Vorsatz, ein attraktiver Student aus Oxford Platz genommen, der schon während des Essens sehr an ihr interessiert gewirkt hatte.“
Kurz vor Weihnachten 1889: Die junge Maisie Llewelyn erhält von der Millionärin Mrs. West eine Einladung nach Wolverden Hall in Kent, einem der schönsten und besterhaltenen Herrenhäuser der elisabethanischen Zeit. Manch düsteres Geheimnis aus vergangenen Jahrhunderten haben sich die Gebäude auf dem weitläufigen Gelände noch immer erhalten…
Starke Sprecherinnen
Passend zur dunklen Jahreszeit kommt von Titania Medien ein Grusel-Hörspiel heraus, welches zu Weihnachten spielt: Den Wolverden-Turm von Grant Allen (einem Freund und Nachbarn von Holmes-Schöpfer Arthur Conan Doyle). Doch keine Sorge, selbstredend stehen hier nicht der Heilige Abend oder ein Detektiv im Mittelpunkt sondern die Jungfrau Maisie Llewelyn, die übrigens ganz wunderbar Annina Braunmiller-Jest gesprochen wird, sowie natürlich der namen-gebende Wolverden-Turm.
Wie es sich für ein gutes Grusel-Hörspiel gehört, wird schnell klar, dass der Turm manches düsteres Geheimnis verbirgt. Einen großen Anteil an diesen „Vorahnungen“ hat der Auftritt der alten Bessie, welche von Beate Gerlach gesprochen wird. Und bei diesen beiden starken Sprecherinnen bleibt es in Folge 143 nicht. Diese Folge steht ganz im Zeichen der weiblichen Schauspielerinnen, denn neben den beiden genannten sind unter anderem auch noch Dagmar von Kurmin, Kristine Walther und die ewig junge Reinhilt Schneider zu Höchstform auf. Ohne vorzugreifen kann ich daher an dieser Stelle schon das große Finale ansprechen, in dem man die Verzweiflung und die Hin- und Hergerissenheit der jungen Maisie spüren kann, vor dem inneren Auge sieht, wie sie sich dreht und windet, als alle auf sie einreden und sie versucht, die richtige Entscheidung zu treffen. Hier geben die Sprecherinnen wirklich alles und das ist zu hören.
Ebenfalls ist den Damen ihre Begeisterung füreinander anzuhören. Ob gespielt von den vermeintlichen Schauspielerinnen oder die echte (vielleicht naive) Begeisterung von der jungen Llewelyn – man merkt, dass hier Funken fliegen, die zumindest eine der Beteiligten schnell unfähig macht, rationale Entscheidungen zu treffen.
Gelungener Hörgenuss
Doch nicht nur die Sprecher sind wie immer großartig, auch das akustische „Drumherum“ des Hörspiels passt natürlich bei Titania. Der tosende Wind auf der Turmspitze zum Beispiel, der für die richtige Stimmung sorgt und die Bedrohlichkeit der entsprechenden Situation noch einmal verstärkt.
Somit ist wieder einmal ein gutes Hörspiel der Gruselkabinett-Reihe entstanden, an dem es eigentlich nichts auszusetzen gibt. Lediglich der Applaus bei den „Lebenden Bildern“ erschien mir etwas viel, vermittelte mir mehr Zuschauer, als ich es vor dem inneren Auge sehen konnte. Aber das ist natürlich eine Kleinigkeit und mein persönliches Empfinden, das den Hörgenuss selbstverständlich keinesfalls schmäht, zumal die akustische Untermalung an anderen Stellen wie immer hervorragend eingesetzt wird.
Mein Fazit:
Ein klassisch-gutes Hörspiel unterhält hier den treuen Fan und hat somit auch mir wieder gut gefallen. Nur das Ende kam für mich etwas plötzlich. Hier hätte ich mir noch ein, zwei abschließende Sätze gewünscht, um mein persönliches Hörerlebnis etwas runder abzuschließen.
Mareike Lümkemann
1. November 2018