Die Maschine steht still

 

E. M. Forster

Die Maschine steht still

DAV – Der Audio Verlag

Gesamtspielzeit: 1 Stunden 14 Minuten

VÖ: 23.08.2019

NDR-Hörspiel mit Rafael Stachowiak, Susanne Sachsse, Achim Buch u.a.

 

CD-Cover Die Maschine steht still

„Es wird Nacht. Für einen Moment kann sie Sumatra sehen. Die von phosphoreszierenden Wellen umsäumte Insel. Darüber dehnt sich der grenzenlose Himmel, in dem jetzt flimmernde Sterne zu erkennen sind. Die Sterne verwirren Vashàti. Sie stehen nicht still, sondern drängen erst in dieses Oberlicht, dann in jenes. Als sei das Universum selbst ins Schlingern geraten und nicht das Luftschiff.“

 

Die Menschen leben in winzigen sechseckigen Waben tief unter der Erde, genießen jedoch allen Komfort. Ihr Alltag ist durch die »Maschine« perfekt geregelt. Ohne das Bedürfnis nach persönlichen Begegnungen kommunizieren sie über elektronische Hilfsmittel, die maximal miteinander vernetzt sind. Das Handbuch der Maschine ist zu ihrer Bibel geworden, wer nicht maschinenkonform denkt und handelt, wird verstoßen. Als der rebellische Kuno entdeckt, dass die Maschine langsam versagt, wagt er einen folgenschweren Ausbruch.

 

Aktueller denn je

„Die Maschine steht still“ – eine Dystopie von 1909, welche heutzutage aktueller denn je ist! Keine Ära zuvor hat sich so von den Maschinen beherrschen lassen, auch wenn uns das Beherrschen mitunter sicherlich so gar nicht bewusst ist. Aber in Zeiten, in denen sich Menschen im Wohnzimmer mit ihrer virtuellen Freundin Alexa unterhalten, in der Roboter staubsaugen und Rasenmähen und in denen ein vergessenes Handy eine gefühlte Katastrophe auslösen kann, bekommt diese visionäre Science-Fiction-Erzählung von Edward Morgan (E. M.) Forster (1879–1970) auf einmal eine ganz andere Gewichtung.

 

Mal was anderes

Die Inszenierung der Erzählung des englischen Schriftstellers ist der Gewinner des Publikumspreises bei den ARD Hörspieltagen 2018 und spannungsreich inszeniert, wenn man sich denn drauf einlassen kann. Denn dieses Radiohörspiel ist eine Produktion, die sich wahrlich nicht im Mainstream einordnenden lassen kann. Dabei möchte ich diese Produktionen keinesfalls abwerten, ich möchte lediglich zum Ausdruck bringen, dass hier andere Schwerpunkte bei der Umsetzung gewählt wurden, als es viele Hörer von „ihren“ Hörspiel-Labels gewöhnt sind.

 

Wie im Theater

So kommen bei „Die Maschine steht still“ viel mehr künstlerische Aspekte zum Ausdruck, die ganze Umsetzung erinnert durchweg an ein Theaterspiel, woran insbesondere die reduzierte Geräuschkulisse und die dargebotenen Gesangsstücke einen großen Anteil haben. Auch die Sprecher verkörpern ihre Rollen mit der für ein Theaterstück typischen Intonation. Dennoch nimmt man den Sprechern ihre Rollen ab. Oftmals ist man sogar versucht, Vashàti ob ihrer gelernten Verhaltensweisen und Ansichten in Bezug auf die Maschine wach zu rütteln, sie eines bessern zu belehren. Aber da dies offensichtlich nicht mal ihrem eigenen Sohn zu gelingen scheint, gibt es diesbezüglich wohl wenig Hoffnung. Und da ist Vashàti leider in ihrer Welt nicht die einzige. Auch für andere Wabenbewohner kommt eine persönliche Berührung oder ein Sonnenstrahl im Gesicht einem schweren Unglück gleich…

 

Mein Fazit:

Mit dieser Geschichte war der Engländer im Jahr 1908 seiner Zeit sicherlich weit voraus. Einen gewissen kulturellen Intellekt hingegen fordert sie früher und heute gleichermaßen. Das Ergebnis ist ein kunstvolles, theaterähnlich inszeniertes Hörspiel, auf das man Lust haben und sich einlassen können muss.


Mareike Lümkemann

 

24. August 2019