Constantin Wiedemann
Berlin... ich hasse dich
Gesamtspielzeit: ca. 70 Minuten
VÖ: 25.03.2022
„Hey, verpiss dich von der Straße, ok? – Jetzt schrei sie doch nicht so an. Vielleicht braucht sie Hilfe. – Aber sie kann doch nicht einfach hier so auf die Straße rennen. – Hey, ist alles in Ordnung bei dir? – Ja, ob bei ihr alles in Ordnung ist? Wie geht´s meinem Auto? Das ist hier die Frage. – Jetzt warte doch…“
Im heutigen Berlin bekommen die aus einem kleinen Dorf stammenden Schwestern Bella, Vanessa und Saskia zu spüren, was es bedeutet, in einer Großstadt zu leben... Doch es ist nicht nur irgendeine
Großstadt; es ist die Hauptstadt von Deutschland. Schnell verlieren sie sich hoffnungslos in Berlin.
Von den Eltern abgelehnt und ihrer Umwelt hintergangen, geraten sie in einen Sumpf von Drogen, Gewalt und Missachtung.
Auch Saskias Freundin Linne denkt über einen Umzug in die Hauptstadt Berlin nach und welche Rolle spielt Bellas zufällige Bekanntschaft Valentina?
Verlorene Träume und wilde Partys
Berlin… ich hasse dich präsentiert sich als Episodenstück und behandelt die Kälte und Grausamkeit der deutschen Hauptstadt, auf welche man aber auch bestimmt in anderen (deutschen) Großstädten trifft. Wir Hörer erfahren von verlorenen Träumen und Einsamkeit, von Ablehnung aber auch von intensiven Feiermomenten, in denen man alles vergisst und in denen alles egal ist.
Nix zum Nebenbei-Hören
Und eins muss man bei dieser Produktion definitiv vorwegsagen – dies ist kein Hörspiel, das man mal eben so nebenbei hören kann oder gar sollte. Mitunter geht das Gehörte nämlich echt an die
Nerven: Es geht um Drogen, Vergewaltigung, Hilflosigkeit und sogar um Suizid. Das alles schonungslos und authentisch dargeboten sowohl von den Sprechern als auch von einer extrem realistischen
Geräuschkulisse.
Da die Geschichte ohne Erzähler auskommen muss, muss man als Hörer manchmal schon sehr aufmerksam sein, um Personen und Szenen einordnen zu können. Ich für meinen Teil empfehle daher auch gerne,
hört die Produktion am besten gleich noch einmal – bei zweiten Mal seid ihr definitiv besser in der Story und das Geschehen hat trotzdem nichts von seiner Wirkung eingebüßt.
Regie
Regie führt in diesem Hörspiel Constantin Wiedemann, über den man auf den Seiten von Wolfy Office, dem Verlag hinter dieser Produktion, folgendes findet: Hörspieler und Scheidungsfotograf. Spricht nicht. Schreibt Buch, führt Regie und setzt technisch um. Das passt für mich sehr gut zu dem Berlin-Hörspiel und der Aufmachung, mit der das schwarz-weiße Cover daherkommt. Warum? Hört „Berlin… ich hasse dich“ einfach selbst, dann werdet ihr verstehen, was ich meine.
Sprecher
Die Sprecherriege hält sowohl bekannte als auch etwas weniger bekannte Namen parat. Da alle Beteiligten intensiv und authentisch abgeliefert haben, möchte ich diese im Gegensatz zu meinen sonstigen Gewohnheiten hier alle einmal aufzählen: Werner Wilkening, Stephanie Preis, Constanze Buttmann, Henrike Tönnes, Philip Bösand, Gerd Haas, Lena Nolte, Ludwig Hollburg, Sebastian Kowski, Anna-Lena Werner, Annalena Thielemann, Christine Kroop, Christopher Peters, Corinna Bergmann, Daniel Wachowiak, Dominik Matuschek, Elena Sophia Herzog, Eman Dwagy, Felix Kamin, Franziska Gembalowski, Laura Stahnke, Luca Lehnert, Luzie Juckenburg, Marie Scherzer, Nele Ahrend, Svenja Funke, Amina Merai, Juliane Schütze und Paul Worms.
Mein Fazit:
Berlin... ich hasse dich ist ein Hörspiel-Kunstwerk der besonderen Art. Nichts zum Nebenbei-Hören und nichts für Anhänger der schönen, blumig-bunten Heile-Welt-Hörspiele. Das Dargebotene
präsentiert schonungslos, aber dennoch anspruchsvoll die dunklen Seiten vom Großstadtleben und sorgt so für ein intensives Hörspielerlebnis.
Mareike Lümkemann
12. März 2022
POE MORTEM; einjähriges Jubiläum ! - Sonderfolge - „Berlin, ich hasse dich !“
Veröffentlichung: 25. Juli 2024 nur auf Spotify!
Klappentext:
Ein Episodenstück von der Kälte und Grausamkeit dieser Stadt.
Textbeiträge:
Mein Zusatz:
Auch in seiner inzwischen leicht "übergebügelten" Version hat "Berlin - ich hasse dich!" nichts von seiner Aussagekraft eingebüßt. Dieses Hörspiel ist "kalt", "dreckig" und "kompromisslos". Wer es hört, muss sich auf einiges gefasst machen. Wenn ein Vater seiner ungewollt schwanger gewordenen Tochter auf verschrobene Weise zu verstehen gibt, sie solle ihr Kind abtreiben lassen und der anderen Tochter, nachdem diese vergewaltigt wurde, nicht beisteht, muss man beim Hören schon kräftig schlucken. Dass die Mitarbeiterin der Telefonseelsorge da zudem eher unbeteiligt und abgeklärt wirkt, macht die Situation ebenfalls nicht besser. Aber ist dieses Verhalten nicht auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft ...? Ich habe den Eindruck, und das ist meine ganz persönliche Meinung, dass die Empathie der Menschen füreinander seit den "dunklen Jahren" 2020 / 2022 im Allgemeinen erheblich abgenommen hat ... Aber ganz davon abgesehen, wie "kalt", "dreckig" und "kompromisslos" dieses Hörspiel auch wirkt: Auf eine skurrile Weise wird aber auch deutlich, dass Berlin von Vanessa nicht nur gehasst wird, sondern auch geliebt.
Besetzung:
kreative Beratung: Jasmin Wenger
Musik: Michael Donner, Michael Teeuwen, Martin Hübel aka gUideway
Covermodel: Dina Burger aka dinaLiks
Andreas Nauber
25.08.2024