GRUSELKABINETT - 163 –  Der letzte Wille der Stanislawa d´Asp

Gruselkabinett

163 - Der letzte Wille der Stanislawa d´Asp

Titania Medien

Gesamtspielzeit: ca. 76 Minuten

Altersempfehlung ab 14 Jahren

VÖ: 30.09.2020

CD-Cover Gruselkabinett Folge 163

„Und als sie dann sah, wie schwach ich war und wie ich nicht lassen konnte von ihr, als sie dies einzige verlor, dass sie glaubte, da ging eine seltsame Veränderung in ihr vor. Es schien, als hätte ich ihrem Leben den Inhalt genommen. Sie schwand dahin. Langsam, wie ein Schatten, wenn die Sonne singt. So wenigstens glaubte ich das alles zu verstehen. Monatelang verließ sie ihr Zimmer nicht. Saß auf ihrem Balkon, schweigend, träumend. Blickte hinaus in die hohen Bäume. In dieser Zeit sprach sie kaum mit mir. Sie klagte nicht. Es war, als ob sie alle Tage grübele, über irgendeinem Geheimnis.“

 

Normandie, 1903:

Im Varieté verfällt der Graf Vincenz d’Ault-Onival mit Haut und Haaren der verruchten Sängerin Stanislawa d’Asp, deren Schönheit ihn komplett in den Bann zieht. Als sie an der Schwindsucht erkrankt, heiratet er sie entgegen jeglicher Vernunft und rettet ihr das Leben. Doch hinter der vermeintlichen Idylle lauert bereits der Tod und mit ihm ein Eid, dessen Folgen weit über den Tod hinausgehen …

 

Direkt in die Garderobe

Schon mit den ersten Klängen dieser CD weißt mal als Hörer, in welcher Zeit man sich befindet. Vor dem inneren Auge sieht man direkt das Etablissement, in welchem die Sängerin Stanislawa d’Asp tätig ist. Man geht mit ihr auf die Reise, auf die Suche nach Männern, Gefallen und Amüsement. Eine Hiobsbotschaft sorgt dann aber dafür, dass sie sich dem Grafen Vincenz d’Ault-Onival hingibt, der sie schon lange begehrt. Doch ist seine Liebe stark genug, auch den Tod zu überdauern?

 

Soundkonzept

Wie immer stimmt auch bei dieser Gruselkabinett-Folge nahe zu alles. Allein das Soundkonzept lässt wahrlich keine Wünsche offen. Sei es der knallende Korken direkt am Anfang, das Stimmgewirr im Hintergrund des „Tanzlokals“ oder auch die Szenen in der Gosse. Doch nicht nur das Leben der Stanislawa d’Asp wird perfekt akustisch untermalt. Auch die Gespräche der beiden Herren, welche beide große Rollen ihn Stanislawas Leben gespielt haben, werden bestens ausgemalt. Mein geliebtes knisterndes Kaminfeuer oder auch der Klang vom Einschenken eines starken Getränkes wären da als gelungene Beispiele zu nennen.

Die Musik ist ebenfalls bestens platziert und unterstreicht die entsprechenden Szenen. Mal hören wir sie dezent im Hintergrund, mal wird sie dominanter zur Verdeutlichung der Szenenwechsel eingesetzt.  

 

Was für Stimmen, was für eine Intensität!

Besonders bemerkenswert ist in dieser Folge die ausgesprochen namhafte Sprecherrige. Die Stimmen von Patrick Bach, Daniela Hoffmann und Dietmar Wunder sind hier in den Hauptrollen zu hören. Und auch die Nebenrollen sind prominent mit zum Beispiel Elga Schütz, Horst Naumann, Jürgen Thormann oder auch David Nathan besetzt.

Die Erfahrung und Spielfreude hört man insbesondere den Sprechern der Hauptrollen an. Daniela Hoffmann lebt und leidet ihre Rolle, spielt die Verzweifelte genauso lebendig und intensiv wie die leidenschaftliche Frau während eindeutiger Szenen.

Patrick Bach nimmt man sofort den verliebten Grafen ab, der sich der oftmals gemeinen Sängerin viel zu naiv hingibt. Als Gegenpol zu ihm agiert Dietmar Wunder. Seine bekannte James Bond-Stimme verkörpert mit jedem Ton einen „Gegenspieler“ und es verwundert daher nicht, dass Stanislawa am liebsten mit ihm durchbrennen möchte.

Was mir zudem ausgesprochen gut gefallen hat, ist, wie Peter Weis als Erzähler durch die Geschichte führt und Dinge beim Namen nennt ohne dabei zu direkt zu werden. Ich denke da insbesondere an die Schilderung des reiterlichen Könnens. Man weiß sofort was gemeint ist, eine gewisse Pietät bleibt aber dennoch stilvoll gewahrt.

 

Originaltreue

Zurückzuführen ist dieser Umstand sicherlich der bewährten Originaltreue zum Ursprungswerk, die man von Titania Medien ja schon gewohnt ist und mittlerweile auch erwartet. Diese Geschichte stammt von Hanns Heinz Ewers. Ewers war im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts einer der erfolgreichsten deutschen Autoren. In seinen blutrünstigen, perversen Geschichten geht es immer wieder um Blut und Sexualität. Er kitzelte Lüste und weckte, Verdrängtes aufwühlend, schlechtes Gewissen. 

Die Geschichte der Stanislawa unterscheidet sich jedoch durch das markante Ende und durch die Behandlung von Themen wie Liebe, Tod und Religion durchaus von seinen anderen Werken. Zudem ist eine Dreiecksgeschichte einer Femme Fatale zu der damaligen Zeit wahrlich eine unerhörte Begebenheit.

 

Mein Fazit:

Auch die Folge 163 der Gruselkabinett-Reihe überzeugt durch eine hohe Originaltreue. Die klassischen Grusel-Elemente rücken in dieser Folge etwas mehr in den Hintergrund, dafür überzeugen überragende Sprecher auf ganzer Linie und sorgen für ein intensives und großartiges Hörerlebnis. 


Mareike Lümkemann

 

03. Oktober 2020