Sherlock Holmes 56: Der Mann im Speisewagen

„Ich gestehe, ich war auf das Äußerste überrascht. Philip Hardy war ein guter Bekannter von uns aus dem Club. Er war ein wohlhabender, junger Mann. Gesegnet mit einem guten Geschmack – sowohl bei Pferden wie bei Frauen. Und zudem verfügte er über die umfangreichste Garderobe, die ich je gesehen habe. Aber, da er in seinem Leben noch nie gearbeitet hatte, geschweige denn, vorgehabt hätte eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen, war es mir unbegreiflich, wie er für irgendjemand anderen – sei es Männlein oder Weiblein – von irgendeinem derart tiefgehenden Interesse sein konnte, das eine Beschattung nötig gemacht hätte.“

Klappentext

Während einer Zugfahrt kommt Philip Hardy in den Besitz eines geheimnisvollen Codes, den er nicht zu deuten weiß. Seither wird er von vier undurchsichtigen Männern verfolgt und schließlich sogar niedergeschlagen. Aus Angst um sein Leben vertraut sich Hardy dem Meisterdetektiv an …

Abenteuerliche Rückreise aus Frankreich

„Der Mann im Speisewagen“ ist wieder einmal ein schöner, solider Sherlock Holmes-Fall. Wie so häufig fängt er in der Bakerstreet an, wo sich der „Klient“ vertrauensvoll an Sherlock wendet. Auf seiner Rückreise aus Frankreich ist ihm nämlich abenteuerliches geschehen und musste sogar um sein Leben fürchten. Gut, dass Hardy bereits mit Sherlock bekannt ist und ihm die ganze Geschichte ausführlich erzählt. Sherlock ist sich der Gefahr sofort bewusst und handelt – und hätte damit wahrlich nicht länger warten dürfen, denn nicht nur das Leben von Philip Hardy ist in Gefahr…

Interessante Aussagen

Was mir an dieser Folge besonders gut gefällt, sind zum einen die Wortwahl und Vergleiche, die Watson hier von sich gibt, um den jungen Hardy zu beschreiben. Pferde und Frauen „auf eine Stufe“ zu stellen, mag so manchem Hörer vielleicht chauvinistisch erscheinen, für mein Empfinden hingegen sorgt genau dieser Ausdruck dafür, dass man sich noch mehr in die viktorianische Zeit hineinversetzt sieht. Damals war das halt so, so dachten und sprachen die Herren der Schöpfung. Und da Watson diese Aussage ja auch keineswegs despektierlich gemeint hat, kann man das auch ruhig so stehen lassen.

Auch sonst sind Wortwahl in Witzeleien erwähnenswert. Eindeutig, zweideutig sind die Herren hier unterwegs, ohne dabei Anstand und Diskretion zu vergessen. Wir hören hier ziemlich deutlich, dass auch das Dreamteam Sherlock-Watson Gefühle hat und nicht nur ein ambitioniertes Ermittler-Duo ist, dem alles weltliche fremd ist.

Gefühlswelt von Watson

Insbesondere die Gefühlswelt von Watson wird von diesem auch wieder deutlich und ausgelebt, gerade wenn er und Lestrade aufeinandertreffen. Auch hier gelingt wieder das Kunststück, die beiden um Aufmerksamkeit buhlen zu lassen, ohne dass es übertrieben oder kindlich wirkt – wobei sich Watson doch mitunter schon stark zusammenreißen muss. Aber Sherlock hat seine Mannen auch hier wieder bestens im Griff, so dass es niemals ausartet.

Sprecher

Die Sprecher-Riege überzeugt mit den wohlbekannten Sprechern Tennstedt, Bierstedt und Reichert in den bereits genannten Rollen. Jonas Minthe spielt überzeugend den jungen Philip Hardy und Bodo Primus, Helmut Zierl, Horst Naumann oder Jean Paul Beck vervollständigen den namhaften Sprechercast. Als einzige Dame dieser Produktion ist Reinhilt Schneider zu hören. Matthias Lühn und Marc Gruppe kommen ebenfalls zu Wort.

Stimmung

Stimmungstechnisch präsentiert sich die Folge 56 in bester, gewohnter Holmes Manier. Wie schon erwähnt sorgen Wortwahl und Berichterstattung für bestes Kopfkino und auch der Sound, die eingespielten Geräusche versetzen den Hörer wahlweise in die Bakerstreet, in den Zug oder in den Pub.

Mein Fazit:

Eine tolle Folge von Sherlock Holmes, welche sich gleichermaßen spannend wie unterhaltsam präsentiert und den Hörer fesselt, wenn es darum geht, die Irrungen und Wirrungen (geplanter) Attentate und geheimnisvolle Botschaften zu entschlüsseln.