Interview mit Kim Jens Witzenleiter

Wolfy Office - MIG

03.03.2019

 

Habt ihr schon mal von den Lykanern gehört? Sagt euch die Hörspiel-Reihe MIG - Men in Green etwas? Falls nicht, habt ihr was verpasst! Verantwortlich dafür ist Kim Jens Witzenleiter und ich freue mich, dass er mit mir über seine Inspiration, seine Albträume sowie über seine Pläne für die Zukunft gesprochen hat. 

 

Foto Kim Jens Witzenleiter

Hallo, Kim! 

Du mischt seit einiger Zeit fleißig auf dem deutschen Hörspiel-Markt mit. Verrätst du uns noch mehr von dir?

Hallo Mareike! Ja, klar erzähl ich dir und deinen Besuchern was über mich. Also, mein Name ist Kim Jens Witzenleiter, ich bin 33 Jahre und hauptberuflich Vater von zwei Prinzessinnen, nebenberuflich Grafik- und Webdesigner sowie Hörspielproduzent und Verleger.

 

So, nebenberuflich… Nicht schlecht. Aber deine (haupt-)beruflichen Wurzeln liegen ganz woanders, richtig?

Eigentlich bin ich ausgebildeter Kaufmann im Einzelhandel, machte aber direkt nach der Ausbildung den Schritt in die Selbstständigkeit, und zwar mit einem Film- und Musiklabel. Damals habe ich mit Filmlizenzen gehandelt und Bands unter Vertrag genommen. Später habe ich das Ganze mit einem eigenen Vertriebsnetz ausgebaut. Nach über zehn Jahren lief das aber nicht mehr, und ich ging mit meiner Vertriebsfirma in die Insolvenz. Weil ich Websites (eigene und für Bands), Logos, Covers usw. immer selbst gemacht habe, biete ich meine vorher angeeigneten Fähigkeiten nun als freier Grafik- und Webdesigner an.

 

Ah, und von daher bist du wahrscheinlich auch mit der Erstellung der neuen Website für die Hörspiel-Gemeinschaft betraut worden, oder?

Fast – ich habe es der Gemeinschaft angeboten. Ich bin seit zwei Jahren Mitglied und fand die Website ziemlich altbacken. Ich habe dem Vorstand dann vorgeschlagen, eine neue Website zu machen, quasi als Sachspende. Christine kam dann auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht als Beirat mitmachen möchte.

 

Das nennt man dann wohl netzwerken... Finde ich gut. Schließlich ist auch Traumwelt Hörspiel Mitglied der Hörspielgemeinschaft.

Aber nochmal zurück zum „Anfang“. Wie genau bist du zum Hörspiel gekommen? Webdesign ist ja schon was ganz anderes als ein Hörspiel.

Wie bei den anderen Hörspielmachern auch war bei mir der Grundgedanke: Geld, Erfolg und Ruhm (lacht). Nein, Spaß! Ich war seit meiner Kindheit ein Fan des Kopfkinos und habe viele Ideen und eine ausgeprägte Phantasie, vermutlich wie die meisten Hörspielmacher. Ich fing dann irgendwann an, Drehbücher, Scripts und Geschichten zu schreiben – mal ernst, mal skurril und mal trashig-sinnlos (lacht), und so entwickelte ich Geschichten für mein Firmenmaskottchen Wolfy. Und als ich mal wieder ein paar Hörspiele hörte, dachte ich mir: „Hey, warum nicht mal ein Hörspiel machen?“ Du kennst ja das erste richtig trashige MIG, und dann wurde jede Folge besser und professioneller. Wolfy-Office war geboren.

 

Die MIG-Reihe, insbesondere die erste Folge, ist ja schon etwas speziell. Woher beziehst du denn die Inspiration für die MIG-Folgen?

Die kommt bei mir aus allen Richtungen: wenn ich Musik höre oder TV schaue oder gar Videospiele spiele oder wenn irgendwas in meinem Umfeld passiert. Bei „Monsterparty“ z.B. war meine Tochter gerade in ihrer Monsterphase, überall sah sie Monster und hatte ständig Angst. Meine Frau und ich mussten öfter in ihrem Zimmer Monsterfänger spielen und die Monster dann im Klo runterspülen (lacht). Irgendwann nannten wir das eine Monster an der Decke Krimsel und das andere Monster Dirk. Ich versuchte ihr zu erklären, dass nicht alle Monster böse sind und Dirk sie sogar beschützt. So entstand das Script zu „Monsterparty“. Bei MIG3 ging es mir einfach um den Tierschutz, und bei „Blood Red Sandman“ bekam ich die Inspiration von den Albträumen, die ich hatte.

 

Deine Inspirationen sind aber breit gefächert (lacht). Aber die Story ist ja nicht alles. Die Sprecher finde ich persönlich immer enorm wichtig. Wie wählst du denn deine Sprecher aus?

Ich habe mittlerweile schon einen festen Stamm von Sprechern, mit denen ich immer wieder gerne arbeite; ich kenne ihr Können und ihre Stimmen und kann mir schon beim Schreiben den oder die Sprecherin für eine Rolle vorstellen. Ansonsten gibt es ja gute Kollegen und Sprecher, die andere Sprecher kennen und mir Vorschläge machen und Kontakte zu Personen mit passenden Stimmen herstellen. Bei MIG ist es ja leicht, die Rollen haben ja bereits ihre Stammsprecher.

 

Auf der letzten HÖRMICH wurde von dir kommuniziert, dass du zukünftig mehr mit professionelleren Sprechern zusammenarbeiten möchtest.

Ja, ich möchte neben meiner MIG-Reihe auch mehr Hörspiele produzieren, die mit den großen mithalten können und bei denen nur noch professionelle Sprecher mitmachen, sodass ich perfekte Abmischungen bekomme. Mit „Blood Red Sandman“ habe ich schon einen Anfang gemacht, da gab es nur noch zwei Laiensprecher; und bei „Monsterparty“ sind dann alle Hauptrollen von Profis gesprochen worden.

 

Und du hattest ja auch schon einige wirklich sehr prominente Stimmen im Studio. Ist die Zusammenarbeit mit diesen Personen anders? Haben (Hörspiel-)Sprecher manchmal auch Star-Allüren?

Ja, besonders Joschi Hajek … Als wir uns vorletztes Jahr für „Monsterparty“ im Studio trafen, wollte er eine eigene Kabine mit 55-Zoll-Flatscreen und einer PS4, wo bereits alle „Resident Evil“-Games drauf sind, und er wollte sein Wasser nur aus echten Capcom-Resi-Bechern trinken. So ein Star (lacht)!!! Ne, ne, bis jetzt hatte ich noch nie einen Profisprecher, der Star-Allüren hatte. Die Aufnahmen gehen mit ihnen schneller, und man muss nicht so viele Regieanweisungen geben, da sie einfach erfahrener sind. Mit Sandra (Schwittau) konnte man sogar richtig rumblödeln und Spaß haben, mit dem Schauspieler Nikolai Will konnte ich nach den Aufnahmen noch ewig im Auto sitzen und quatschen. Also Star-Allüren gibt es da bislang keine.

 

Welches ist dein Lieblingssprecher bzw. mit wem möchtest du UNBEDINGT mal zusammen ein Hörspiel machen?

Für „Die Prüfung“ hätte ich gerne David Nathan für die Hauptrolle des ersten Teils. Aber auch Simon Jäger wäre ein Wunsch. Ansonsten liebe ich es, mit Sprechern aus meiner Kindheit zusammenzuarbeiten, wie Tommi Piper (MIG2) oder Jo Jung („Monsterparty“), um mal zwei Beispiele zu nennen.

 Inzwischen hast du dafür ja auch dein eigenes Tonstudio. Du hast also noch viel vor…

Ja, ich bin seit einem halben Jahr mit meinen Büros in einem Businesspark, da habe ich endlich Platz und Ruhe zum Arbeiten, das ist mit Kindern von zuhause aus immer etwas schwierig (lacht). Das Erste, was drin stand im neuen Büro, war eine Studiobricks-Aufnahmekabine, dann kam ein neues Neumann-Mikro usw. Das Schöne an einem eigenen Studio sind die Faktoren Zeit, Geld und Flexibilität. Ich spare Geld, da ich mich nicht immer bei einem Studio einmieten muss, und ich kann meine Dienste gegen Geld auch anbieten. Ich spare Zeit, weil ich nicht immer rumfahren muss zu den Studios. Und ich bin flexibel, denn ich muss nicht mehr schauen, dass alle Sprecher am Tag X Zeit haben und ob das dann mit dem Terminkalender des Studios zusammenpasst. Ich kann die Sprecher bei mir einzeln aufnehmen, wie sie gerade Zeit und Lust haben. Perfekt für meine nächsten Projekte, die ich schon plane.

 

Pläne – mein Stichwort. Denn MIG ist ja inzwischen längst nicht mehr alles, was bei Wolfy erscheint. „Red Blood Sandman“ z.B. geht ja in eine ganz andere Richtung als die Reihe um den grünen Lykaner.

Ja, MIG ist meine Tobewiese, es gibt dort kein festes Genre, und ich mache damit, worauf ich gerade Lust habe. Aber nebenbei will ich auch ernste Hörspiele machen, die ganz und gar professionell sind: von den Sprechern über die Musik bis zum Sound-Design und zur Abmischung. Dank Chiara Haurand und Tom Steinbrecher habe ich jetzt die Möglichkeit, eine super Abmischung mit tollem Sound-Design abzuliefern.

 

Aktuell hast du gerade ein Kurzhörspiel produziert – „Der Rick“. Kannst du hierzu schon was verraten, oder muss sich der Hörer bis Mitte März gedulden?

Was soll man zu „Der Rick“ groß sagen – es ist Trash (lacht). Das Skript stammt von zwei Jugendlichen, die nicht wirklich an was gedacht haben und wohl vom ganzen Rockfabrik-Rocken nicht zu mehr fähig waren. Irgendwann nach x Jahren habe ich dieses Skript auf einer Festplatte gefunden, und mein ehemaliger Kamerad und ich trafen uns nach über zehn Jahren mal wieder mit der Idee, daraus ein Hörspiel zu machen. Ich habe noch extra einen Erzähler eingebaut, der auf die seltsame, nicht vorhandene Story eingeht, und musste sogar einige Szenen rausschneiden, weil die selbst mir zu trashig waren. Daher auch die Länge von nur 16 Minuten (lacht).

 

Aber dann passt „Der Rick“ ja nicht wirklich zu dem Bestreben, professioneller aufzutreten? Oder muss so ein Hörspiel zwischendurch sein, nur „aus Spaß an der Freud“? Einfach, weil du es kannst und Bock drauf hast?

Yep, ich kann’s halt (lacht). Ne, einige Takes hatte ich bereits seit zwei Jahren auf der Platte, und da ich mit meinen aktuellen Projekten beim Schreiben zeitlich nicht so vorankomme, wie ich es gerne hätte, habe ich mich dazu entschieden, die zwei Trash-Projekte (neben „Der Rick“ noch ein kurzes MIG) doch noch fertig zu machen, damit die Leute nicht denken oder sogar hoffen, Wolfy sei tot (lacht). Es sind einfach nur Fun-Projekte für zwischendurch.

 

Für „Zwischendurch“ kann man die Zusammenarbeit, das Projekt mit den Medienhuren sicherlich nicht bezeichnen. Aber ich denke, dass sich hier auch ganz neue Möglichkeiten (für beide Seiten) ergeben haben, oder? Deren Erstlingswerk wurde ja von dir vertrieben.

Ich möchte Wolfy-Office mehr als Verlag ausbauen und auch Werke anderer vertreiben, quasi als Lizenzeinkäufe. Die Medienhuren waren dabei der erste Test, wie das läuft. Ich bin bereits im Kontakt mit weiteren Hörspielmachern, um deren Werke zu lizenzieren und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Keine Angst, da sind auch richtig gute Hörspiele dabei, nicht nur Comedy-Trash (lacht). Mehr kann ich aber noch nicht sagen, erst wenn es ernst wird und die Verträge unterschrieben sind.

 

Mit den Medienhuren, deren erste CD ja nicht ganz unerfolgreich war, sind doch sicherlich weitere Folgen geplant, oder?

Ja, Victor arbeitet bereits an einem Script zu einem zweiten Teil, diesmal in Zusammenarbeit mit Wolfy-Office. Wir möchten schauen, dass wir für ein zweites Medienhuren-Hörspiel einige Profisprecher mit ins Boot holen und ihm eine professionelle Abmischung verpassen. Die Story vom ersten Teil war ja ganz cool, und wenn wir die Umsetzung anders angehen, wird das sicher was Geiles.

 

Da bin ich mir sicher.
Du bist meines Wissens der Erste, der einen Hörfilm erschaffen hat. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dies sei ein Lebenstraum von dir gewesen. Magst du hierzu ein bisschen was erzählen?

Ne, ein Lebenstraum war das jetzt nicht, aber es war meiner Meinung nach ein Meilenstein von Wolfy-Office. Ich arbeite viel mit Journalisten zusammen, die nicht aus der Welt der Hörspiele kommen, einfach, weil ich will, dass auch Menschen, die bislang nichts mit Hörspielen zu tun hatten, dafür begeistert werden. Um ihnen das Medium näherzubringen, erschuf ich den Hörspielfilm, zuerst mit „Blood Red Sandman“ in einer Dolby-5.1-Abmischung auf DVD, das Hörspiel war dabei Diashow-artig mit Bildern filmisch untermalt. Ich kam mit der DVD ins TV und in einige Filmmagazine und verkaufte mehr als 5.000 DVDs. Da kam mir dann die Idee, einen Hörspielfilm zu erschaffen, der eher für Kinder ist, um auch die heutigen Kinder wieder für Hörspiele zu begeistern, quasi als Sprungbrett. Ich habe mir dann MIG3 vorgenommen und ein wenig animiert. Der Film kam gemischt an, aber von einigen Eltern konnte ich erfahren, dass ihre Kinder seitdem gerne Hörspiele hören, z. B. im Auto oder beim Einschlafen. Ich arbeite zurzeit mit den Leuten von Karrakula an einem Hörspielfilm für „Monsterparty“, der noch aufwendiger wird.

 

Das gefällt mir. Es müssen viel mehr Menschen für das tolle Medium Hörspiel begeistert werden. Immerhin werden Hörspiele leider von vielen Erwachsenen ja immer noch als „Kinderding“ angesehen. Was für ein Trugschluss. Welche Hörspiele hörst du derzeit? Hast du ein aktuelles Lieblingshörspiel?

Ghost Box“. Ich liebe Ivar, ich wollte ihn auf der Hörmich ja schon mitnehmen für Zuhause - Stichwort „Misery“ (lacht). Zurzeit mag ich sehr „Leo und die Abenteuermaschine“, Matthias, der Schöpfer von Leo, ist ein feiner Typ. Darum bekam er auch eine Spende von mir. Also, Matthias, wenn du mal wieder Hilfe brauchst, ruf an, ich bin immer noch an einer Leo-Figur für Wolfy-Figuren interessiert 😉

 

Äh, Moment. Stopp. Was für eine Figur meinst du?

Ich baue gerade unter dem Label Wolfy-Figuren (www.wolfy-figuren.de) einen Online Shop auf mit Exklusive Figuren, Statuen und Plexipeoples aus der Welt der Hörspiele, Comics etc. Wir (ich und mein 3D Artist Ruben) designen Sammelfiguren welche dann aus dem 3D Drucker kommen, bislang überwiegend Wolfy-Office Charaktere, aber ich möchte auch weitere Charaktere lizenzieren. Zurzeit arbeiten wir an eine Tony Ballard Figur, welche von Thomas Birker noch abgesegnet werden muss. Eine Leo Figur wäre auch ganz cool.

 

Das stimmt. Erinnert mich an tolle Action-Figuren von früher. Apropos früher. Welche Hörspiele hast du eigentlich als Kind gehört? Was hat dich und deine Jugend geprägt?

„Alf“, „He-Man“ etc. waren immer bei mir zu finden. Man konnte damals noch echt was lernen aus den Hörspielen, besonders aus denen für Kinder. Heute findet man so etwas eher selten, darum finde ich „Leo“ so toll.

 

Da gebe ich dir definitiv Recht. Leo ist echt ein tolles Hörspiel, das unterhält und Wissen super-kindgerecht weitergibt.

Gibt es zum Schluss noch etwas, was du den Lesern von „Traumwelt Hörspiel“ mit auf den Weg geben möchtest?

Macht einfach euer Ding, auch wenn sich euch viele Steine in den Weg stellen. Es muss nicht jedem gefallen, was ihr macht. Hauptsache, ihr bleibt euch treu. Ansonsten gebe ich euch Unterhaltung in Form von Kopfkino mit.

 

Ich danke dir für dieses Interview!

Bitte (immer das letzte Wort haben^^).


Mareike Lümkemann