Interview mit Ole Plogstedt

Tour-Caterer, Fernseh-Koch und Hörspiel-Sprecher

25.04.2021

 „Haltung muss sein": Star-Caterer und TV-Koch Ole Plogstedt über neue Projekte in der Zwangspause, seine Verbundenheit zu den Toten Hosen sowie sein soziales und politisches Engagement

Normalerweise begleitet Ole Plogstedt mit seiner Cateringfirma „Rote Gourmet Fraktion" Bands wie „Die Toten Hosen“ oder „Jan Delay“ auf ihren Tourneen, doch die Pandemie hat das unmöglich gemacht. Die freie Zeit nutzt der aus der TV-Show „Die Kochprofis – Einsatz am Herd“ bekannte Hamburger, um als Sprecher (und Sänger!) bei der Hörspielserie „Die Punkies“ in Erscheinung zu treten, sich als Oxfam-Botschafter verstärkt für Menschenrechte einzusetzen und mit seiner YouTube-Show „Kulinarisch Solidarisch“ wichtige Projekte zu unterstützen.

 

Ole Plogstedt im Studio
Ole Plogstedt im Studio, Kühl PR

Wie hat Dir Dein erster Einsatz als Hörspielsprecher gefallen?

 Das war toll und hat total Spaß gemacht. Zuerst ging es nur darum, dass ich in dem Hörspiel eine Rolle übernehmen sollte, und es kam die Frage, ob ich nicht für jeden Punkie ein eigens kreiertes Rezept schreiben könnte. Dann habe ich im Skript den Song „Good Food“ gesehen, in dem es um gesundes Essen geht. Zusammen mit Arne Vogeler, der für die Punkies die Songs komponiert, habe ich dann auch den Text für den Song geschrieben.

 

Wie kam es dazu?

Neben dem, was gutes Essen für uns selbst bedeutet, war mir für den Song noch ein anderer Aspekt wichtig: Und zwar, dass es bei gutem Essen nicht nur darum geht, dass es für uns und unsere Gesundheit gut ist, sondern auch darum, dass dabei die Tiere, die Umwelt und die Menschen zu beachten sind, die es produzieren. Ich finde es wichtig, schon junge Menschen dafür zu sensibilisieren, was man kauft und wo die Waren herkommen. Vielleicht animiert das die Kinder dazu, auch bei ihren Eltern nachzufragen.

 

Als Oxfam-Kampagnenbotschafter warst Du bereits zwei Mal in Ecuador und hast dort Bananen-Plantagen besucht. Was hat Dich dort am meisten beeindruckt?

In dem Moment, wenn Du dort selbst vor Ort auf den Feldern bist und mit den Menschen sprichst, die während ihrer Arbeit von Flugzeugen mit krankmachenden Pestiziden besprüht werden, deswegen behinderte Kinder zur Welt bringen und teilweise nicht einmal Arbeitsverträge oder Arbeitsschutzrechte haben, wird das unweigerlich dein Thema. Letztendlich geht es um Menschenrechte – und die sind nicht verhandelbar! Darum ist es auch so wichtig, dass die Bundesregierung endlich das sogenannte Lieferkettengesetz, Sorgfaltspflichtengesetz beschlossen hat.

 

Neben Deinem sozialen Engagement bist Du aber vor allem Tournee-Caterer. Wie kam es dazu?

Schon relativ schnell nach meiner Lehre wollte ich mich selbstständig machen. Zuerst habe ich aber noch in einem Hamburger Restaurant gearbeitet. Nach der Arbeit dort bin ich oft noch mit einem Kollegen in Kneipen auf dem Kiez gegangen. Dort haben sich oft eine Menge Leute aus der Musikszene herumgetrieben, mit denen wir uns angefreundet haben und denen wir von unseren Plänen, uns selbständig zu machen, erzählt haben. Und ehe ich mich versah, standen wir in der Backstageküche des „Docks“ und haben das örtliche Catering für „The Cult“ ausgerichtet. Das kam sehr gut an und hat sich herumgesprochen. Irgendwann kam dann Bela B. auf uns zu und fragte, ob wir als Caterer mit auf „Die Ärzte“- Tour kommen wollten. Kurz danach kamen dann Campino und Lucilectric und so ging das los.

 

Gibt es eine Band, mit der Du Dich besonders verbunden fühlst?

Eigentlich viele. Ein Tourneecatering ist ja eine sehr persönliche Sache. Aber besonders verbunden fühle ich mich schon mit den „Toten Hosen“. Schon deswegen, weil die RGF [„Rote Gourmet Fraktion“] seit dem Gründungsjahr 1993 bis heute mit ihnen unterwegs ist. Aber wir freuen uns wirklich auf jede Tour und jede Band und treffen auch oft dieselben Crew-Leute. Bei den Toten Hosen sind die Tourneen aber schon besonders groß, besonders aufwendig, aber auch besonders toll, denn sie schaffen es, dass sogar bei einer Produktion mit über 100 Leuten eine familiäre Atmosphäre herrscht.

 

Essen ist ja ein sehr emotionales Thema und immer auch mit bestimmten Erinnerungen verbunden. Kommen die Leute nach Wochen auf Tour auch mit bestimmten Wünschen auf Dich zu?

Viele sind tatsächlich einfach gespannt, was wir so anbieten. Wir kochen kreativ, versuchen aber auch den Soul Food-Geschmack beizubehalten und uns an Klassikern zu orientieren. Aber klar kommen auch mal Wünsche. Das ist dann kein Filet Wellington oder so, sondern eher etwas wie: „Mach doch mal bitte Senfeier!“. Generell ist es so, dass es mittags oft etwas Rustikales wie Bolognese gibt, und abends richten wir das Essen schick auf Tellern an und servieren es auch am Tisch. Auf Tour war das früher total unüblich, aber es kommt richtig gut an. Sich einmal am Tag für eine halbe Stunde hinsetzen, durchatmen, aufs Essen freuen, das schön und lecker finden, kurz grinsen und runterkommen. Das ist wichtig und etwas Anderes, als wenn du dir im Stehen „Weiche Nudeln mit Irgendwas“ reinpfeifst.

Leonies Punker Pumkin, Kühl PR
Leonies Punker Pumkin, Kühl PR

„Die Punkies“ scheitern auf der Bühne, nachdem sie sich die Bäuche vorher mit einem fetten Käsefondue vollgeschlagen haben. Gibt es auf Tour solche No-Gos?

Auf Tour gibt es so viele verschiedene Leute mit unterschiedlichen Aufgaben, dass man das gar nicht sagen kann. Wir passen uns an den Merchandiser oder einen schwer schuftenden Aufbauhelfer genauso an wie an die Musiker und haben für jeden etwas Passendes: Verschiedene Salate und Obstsalate, Desserts, leichtes Essen, vegetarische und vegane Gerichte, aber auch Gerichte mit Fleisch und vielen Kohlehydraten. Das Grundprogramm ist so groß, dass jeder für sich herausfinden kann, was ihm guttut. Wir gehen aber auch auf individuelle Wünsche ein. Und es ist zum Beispiel auch nicht so, dass alle Musiker erst nach der Show essen. Manche essen auch zwei Stunden vor der Show und haben damit kein Problem.

 

Haben zum Beispiel „Die Toten Hosen“ ein Lieblingsgericht?

Essen ist so intim wie kaum etwas Anderes: Das geht einmal durch den ganzen Körper durch! Die Musiker essen im Backstage-Bereich, der für die Leute ihr Rückzugsraum und wie ihr Wohnzimmer ist. Wie sich da jemand persönlich verhält, würde ich nie verraten.

 

Welche besonders lustige Geschichte hast Du bei Deiner Arbeit erlebt?

Es gab mal einen Musiker, der sich tagsüber in der leeren Halle seine Rollschuhe angezogen hatte und da herumgeflitzt war. Irgendwann hat er sich eine Portion Nudeln mit Tomatensauce bei uns abgeholt und kam dann fünf Minuten später mit ganz vielen roten Sprenkeln und einem zerbrochenen Teller wieder und hat gefragt, ob er noch eine Portion haben könne. Offensichtlich gehen Rollschuhfahren und Essen gleichzeitig auch mal schief.

 

Im vergangenen Jahr waren Live-Konzerte und Tourneen pandemiebedingt nicht möglich. Wie hast Du Dich da durchgeschlagen?

Ohne Corona wäre ich viel auf Tour gewesen, mit den „Broilers“, den „Toten Hosen“, „Santiano“ und einigen mehr. Die Tourneen sind natürlich alle ausgefallen, und wir haben alles heruntergefahren. Insofern habe ich jetzt erst einmal gar keine Jobs – außer so lustige Dinge wie das Hörspiel! Ich selbst will mich aber gar nicht beschweren. Ich habe Unterstützung bekommen und eine Band hat es sogar geschafft, uns für eine ausgefallene Tour einen Teil der Gage zu zahlen, was mega ist. Im Vergleich zu anderen bin ich aber auch echt privilegiert, habe ein abbezahltes Haus mit Garten und komme finanziell irgendwie über die Runden. Außerdem bin ich auch nicht gezwungen, mich unter Menschen zu begeben – muss zum Beispiel nicht in ein Büro oder so, sodass ich meine sozialen Kontakte recht problemlos reduzieren kann. Da sind andere viel schlimmer dran.

 

An wen denkst Du da?

An Menschen, die in den sogenannten systemrelevanten Jobs arbeiten und dadurch gezwungen sind, sich vielen Kontakten auszusetzen. Oder an Alleinerziehende, die im Homeoffice arbeiten und nebenher noch ihren Kindern etwas beibringen müssen. Auch für die vielen Solo-Selbstständigen ist es natürlich echt hart. Und für Musiker, die noch nicht so fest im Sattel sitzen und schon vorher nur gerade so von ihrer Musik leben konnten, ist es natürlich auch hart, dass sie jetzt nicht auf die Bühne können. Ganz abgesehen davon, dass ein Musiker auch einfach auf die Bühne will und das auch psychisch schwierig ist. Aus meinem Umfeld sind viele aber auch kreativ und gehen jetzt in andere Bereiche. Einer unserer Köche zum Beispiel baut jetzt Photovoltaik-Anlagen auf.

 

Die Kunst- und Kulturbranche leidet ja mit am meisten unter den Beschränkungen. Wie werden die dort aufgenommen?

Die meisten Musiker sind sehr vernünftig und stellen die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen nicht infrage. Wir haben nun einmal eine Pandemie und müssen uns solidarisch verhalten. Eher im Gegenteil würde man sich freuen, wenn wir einmal ganz runterkommen könnten mit den Zahlen. Insgesamt gäbe es dann wahrscheinlich weniger Lockdown, als wenn man, lapidar gesagt, immer wieder den Schwurblern gerecht werden will und die Maßnahmen lockert. Trotzdem sind die Maßnahmen schon ein harter Einschnitt in die Grundrechte. Das muss echt eine klare Ausnahme sein und auch so kommuniziert werden.

 

Die unfreiwillig freie Zeit hast Du auch genutzt, um eine Show auf YouTube zu starten.

Genau. Bei „Kulinarisch Solidarisch“ koche ich in der Showküche in meinem Lager, mein Kumpel Kevin Winiker filmt und wir widmen jedes Essen einer bestimmten NGO (non governmental organisation), einem Verein oder guten Leuten, auf die wir aufmerksam machen wollen. Michael Schwickart vom Bündnis „United4Recue“, das sich für die zivile Seenotrettung im Mittelmeer einsetzt, war zum Beispiel schon zu Gast. Oder Sebastian Krumbiegel, der sich ja auch viel für gute Sachen einsetzt. Im Gegenzug hat er mich in seinen Podcast „Kunst trifft Digital“ eingeladen. Da war, by the way, auch Johannes Oerding zu Gast, der ja in Folge 25 bei den Punkies eine Rolle gesprochen hatte.

 

Noch weiß ja niemand, ab wann was wieder möglich sein wird, und ob es 2021 überhaupt Konzerte und ganze Tourneen geben wird. Wie planst Du da?

Ich warte auf nichts, versuche präsent zu sein und offenen Auges zu gucken, was passiert. Es kann sich ja aus allem etwas ergeben. Wichtig ist mir vor allem, mich einzusetzen. Eine Haltung muss sein, und gerade zurzeit ist es wichtig, die auch zu kommunizieren. Es passieren so viele schlimme Sachen, da möchte ich nicht einfach zugucken. 



Dieses Interview wurde Traumwelt Hörspiel mit freundlicher Unterstützung vom Label Europa zur Verfügung gestellt.