Wolfy Office
Vertrieb: Nova MD GmbH
Gesamtspielzeit: ca. 90 Minuten
VÖ: 13.09.2019
„Also, was ist Ihr Plan? – Mein Kollege ortet das Signal von Emiles Telefon. Sobald wir wissen, wo er sich befindet, werden wir die Straße sperren, damit Polizei und Feuerwehr versuchen, ihn aufzufangen. – Aufzufangen? Sollten Sie nicht versuchen, ihm vom Springen abzuhalten? – Das ist nicht so einfach. Erste Priorität hat tatsächlich nicht er sondern die Straßensperre und andere Menschen vom möglichen Aufprallort fern zu halten. – Aber, … wie wollen Sie ihn denn auffangen? – Wir platzieren Auffangkissen um das Hochhaus herum. Einziges Problem, das dauert eine gewisse Zeit. Das heißt, Sie, Herr Ossmann, müssen ihn so lange wie möglich im Gespräch von seinem Vorhaben abhalten, damit wir genügend Zeit haben, den Ort zu sichern. – Es tut mir leid. Ich war noch nie in einer solchen Situation, ich muss noch mal nachfragen. Wieso werde ich weiter mit ihm telefonieren, wenn Sie dafür ausgebildet sind? Und wieso ist nicht die erste Priorität, ihn vom Springen abzuhalten?“
Der junge Emile, ein Anrufer in seiner Sendung, konfrontiert den Moderator mit seinem Weltbild und seinem Hass gegenüber dem Leben, worauf dieser kaum noch etwas sagen kann. Der Moderator, der sonst immer mit eigener Hoffnung helfen kann und die Probleme seiner Anrufer löst, gerät an dieser Stelle selbst in die Kreise eines wankenden und begrenzten Weltbildes.
Emile konfrontiert Harry darauf mit seinen eigenen Ängsten und Problemen, auf die er kaum souverän und richtig reagieren kann. Er ist der rhetorischen Überlegenheit von Emile gnadenlos ausgeliefert und hat keine Möglichkeit, das Gespräch in eine positive Richtung zu lenken. Denn egal was Harry versucht – der junge Emile ist im stets einen Schritt voraus.
Neu und anders
Dass auch Hörspiele mit einem untypischen Thema unterhalten und den Hörer in ihren Bann ziehen können, das beweist diese Produktion.
Laut eigenen Angaben will man mit „5 nach 8“ neu und innovativ sein und ich behaupte, dies ist auch gelungen und das sogar auf ganzer Linie. Noch recht neu auf dem deutschen Hörspiel-Markt sind passender Weise auch die beiden Macher des Ganzen: Diddi Meyer, der für Drehbuch und Regie verantwortlich ist, und Sirius Kestel, welcher Produktion, Sounddesign und Mischung übernommen hat. Beide sind aktuell noch relativ unbekannt unter den Hörspiel-Machern, auch wenn Kestel schon auf Hörspiel-Festivals ausgezeichnet wurde. Doch bei dem Potential dieser Produktion würde es mich nicht wundern, wenn uns diese beiden Namen in Zukunft häufiger in der Szene begegnen werden…
Kammerspiel-Hörspiel
Doch was ist an „5 nach 8“ eigentlich so anders? Was unterscheidet diese Produktion von anderen Hörspielen?
Zum einen ist da natürlich die Form der Darbietung, die an ein Kammerspiel erinnert. Fast ausschließlich sind zwei Protagonisten aktiv, welche sich im Dialog „austauschen“. Hinzu kommt eine anspruchsvolle und interessante Geschichte, welche Gedanken und Inhalte sowie philosophische Ansätze parat hält, die bisher selten so in dieser Form im deutschen Hörspiel zu hören waren.
Und genauso wollen die Macher auch die Grenzen des bisherigen Genres ausreizen. Die Geschichte soll sich in den Köpfen der Zuhörer festsetzen, zum Nachdenken anregen und für eine wirklich spannende Zeit sorgen.
Und das gelingt, denn das Ergebnis ist eine durchaus fordernde Unterhaltung für Erwachsene mit einer sehr ernsten Thematik.
Sprecher und Geräusche
Natürlich lebt auch dieses Hörspiel nicht nur von der Idee und der Story sondern auch von seinen Sprechern. Die beiden Hauptakteure dieser Produktion sind Tobias Häusler und der Kinoschauspieler Sven Gielnik. Ebenfalls wurde Jasmin Lord mit ins Boot geholt, um das Setting zu optimieren. Ergänzt wird das Ensemble durch weitere bekannte Sprecher wie Bert Stevens, Cornelia Waibel oder Matthias Kick, welcher übrigens u.a. bekannt ist für seine Synchronisation von Neville Longbottom in Harry Potter.
Bestens in Szene gesetzt sind aber nicht nur die Sprecher, sondern auch sämtliche Geräusche, die den Hörer schnell vergessen lassen, dass er nur einem Hörspiel lauscht und nicht tatsächlich bei einer Radiosendung zuhört.
Mein Fazit:
Das Ziel, etwas Neues, anderes zu erschaffen, ist in meinen Augen gelungen. Die durchweg hohe Professionalität dieses Hörspiels gepaart mit dieser ungewöhnlichen Thematik, bringt den Hörer tatsächlich dazu, über das Leben nachzudenken und ggf. auch über das eigene zu reflektieren.
Mareike Lümkemann
17. August 2019